Man liest und hört es immer wieder, in unterschiedlichen Variationen: Unternehmen brauchen eine Vision, Unternehmen brauchen „Purpose“, einen Sinn. Aber wozu eigentlich? Ich will der „Sinnfrage“ im Zusammenhang mit der Gründung und Führung des eigenen Unternehmens auf den Grund gehen. Denn eine Unternehmensvision ist viel mehr als ein Statement, das man in die Hochglanzbroschüre druckt: Sie gibt Orientierung für alle unternehmerischen Entscheidungen.
5 Gründe, warum man eine Unternehmensvision braucht
Der Purpose eines Unternehmens bezeichnet den Sinn, den Zweck, die größere Vision, die das Unternehmen vertritt. Wichtig: Die Maximierung von Gewinnen und die Steigerung des Shareholder Value fallen nicht in die Kategorie „Purpose“ oder „Vision“! (Genau das kann aber ein willkommener Nebeneffekt sein.) Diese fünf Gründe zeigen, warum Unternehmen eine Vision brauchen.
Grund 1: Verbringe Deine Zeit mit einer Sache, die Dir am Herzen liegt
Selbstständige und Unternehmer:innen arbeiten überdurchschnittlich viel: In Deutschland beträgt ihre durchschnittliche Wochenarbeitszeit mehr als 50 Stunden und liegt damit um zehn Stunden über dem Durchschnitt der angestellten Vollzeitbeschäftigten. Wer so viel Zeit mit dem Beruf verbringt, sollte sich auch persönlich mit dem identifizieren, was er oder sie tut. Denn viel Zeit in eine Sache zu investieren, die man nicht für sinnvoll erachtet, macht unzufrieden und schlimmstenfalls sogar krank.
Um herauszufinden, welche Geschäftsidee Dich glücklich machen kann, helfen Dir folgende Fragen:
- Warum will ich mich selbstständig machen? (Mehr dazu auch in Grund Zwei!)
- Wo liegen meine Stärken?
- Was ist mir im Leben wichtig?
- Wie möchte ich die Welt gestalten?
Grund 2: Kommunikation mit den Kund:innen: Start with WHY!
Viele Unternehmen wissen zwar, was sie anbieten, aber nicht warum. Dabei ist gerade dieses „Warum“ essenziell, da es die langfristige Entwicklung der Unternehmens leitet und Orientierung für Entscheidungen liefert. Das Modell des Golden Circle von Simon Sinek liefert eine Anleitung für Unternehmensgründungen und die Unternehmenskommunikation:
- An erster Stelle steht das Warum (Why): Welche Werte und Prinzipien vertritt das Unternehmen? Welche Zukunftsvision hat es? Welche Welt will es gestalten?
- An zweiter Stelle folgt das Wie (How): Wie wird die Vision umgesetzt? Was ist dafür notwendig?
- Schließlich folgt erst als Letztes das Was (What): Welche Produkte und / oder Dienstleistungen stellt das Unternehmen bereit, um die Vision umzusetzen?
Das von Sinek selbst gewählte Beispiel ist der Tech-Konzern Apple:
- Why – der Purpose des Unternehmens: Wir glauben daran, den Status quo herauszufordern und Dinge anders zu machen.
- How – wie setzen wir das um: Durch gut designte und einfach zu benutzende Produkte.
- What – was verkaufen wir: Wir stellen Computer und Smartphones sowie weitere innovative Tech-Produkte her.
Der Golden Circle ist (auch) ein Marketing-Tool, das Unternehmen hilft, mit (potenziellen) Kund:innen zu kommunizieren. Indem ein Unternehmen den übergeordneten Sinn, den es in der Gesellschaft erfüllen möchte, in den Vordergrund stellt, gewinnt es diejenigen, die sich ebenfalls mit diesem Sinn identifizieren, als Kund:innen.
Grund 3: Eine Unternehmensvision gibt Orientierung bei Zukunftsentscheidungen
Eine Vision ist im Prinzip nichts anderes als eine Zukunftsvorstellung. Und auf Zukunftsvorstellungen beruhen letztendlich alle unternehmerischen Entscheidungen.
- In welche neuen Technologien wollen wir investieren?
- Welche Unternehmensstandorte wollen wir ausbauen?
- Wollen wir nur online verkaufen oder auch stationäre Shops eröffnen?
- Brauchen wir mehr Mitarbeitende – und wenn ja, in welchen Bereichen?
All diese Fragen sind mit Vorstellungen von der Zukunft verbunden. Diese Vorstellungen können einerseits das Unternehmen selbst betreffen, andererseits aber auch die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Visionen machen diese Erwartungen und Vorstellungen sichtbar und geben so Orientierung bei wichtigen Entscheidungen.
Grund 4: Unternehmen mit Purpose binden ihre Mitarbeitenden nachhaltig an sich
Mangelnde Selbstverwirklichung ist ein Hauptgrund für Unzufriedenheit im Job. Und dabei liegt Deutschland ganz weit vorn: Laut einer Studie des dänischen Unternehmens Peakon gehen 23 Prozent der Angestellten unmotiviert zur Arbeit. Das ist fatal, denn unzufriedene Mitarbeitende sind öfter krank und kündigen häufiger.
Purpose, ein integrierender Sinn des Unternehmens, kann da Abhilfe schaffen: Mitarbeitenden geht es nicht um Goodies wie Massage in der Mittagspause, sondern um das Gefühl, mit ihrer Arbeit etwas Sinnvolles zu tun. Wie bei den Kund:innen gilt auch für die Belegschaft: Werteorientierte Unternehmen ziehen werteorientierte Mitarbeitende an. Sind diese intrinsisch motiviert, weil sie für eine gute Sache arbeiten, dann fühlen sie sich dem Unternehmen verbunden und leisten bessere Arbeit.
Grund 5: Unternehmen mit Purpose wachsen schneller
Das Beratungsinstitut Korn Ferry untersuchte 39 US-Unternehmen aus der Konsumgüterbranche, die ihren Purpose sowohl klar definiert als auch diese im Kerngeschäft umgesetzt hatten. Das Ergebnis: In den Jahren 2011 bis 2015 wuchsen diese viermal so schnell wie die Vergleichsgruppe derselben Branche. Der Grund: Die gemeinsame Vision motiviert und setzt Kräfte frei. Alle Anstrengungen werden auf das gemeinsame Ziel hin fokussiert und genutzt:
- Durch die Motivation der gemeinsamen Vision steigt die Mitarbeiterproduktivität.
- Entscheidungsprozesse werden effektiver durch das gemeinsame Ziel vor Augen.
- Disruptive Innovationen finden häufiger statt.
- Die Zusammenarbeit verbessert sich.
Was ist Deine Vision für Dein Unternehmen?
Die Gründe, sich mit den Themen Unternehmensvision und Purpose zu befassen, sind also vielschichtig. Neben der eigenen Selbstverwirklichung sprechen auch klare wirtschaftliche Gründe dafür. Welche Vision hast Du für Dein Unternehmen? Teile gerne Deine Ideen mit mir, indem Du einen Kommentar hinterlässt!
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